Zurück in die Freiheit – das Buch

Ich war lange Pastor in einer durchschnittlichen volkskirchlichen Gemeinde. Und ich habe hautnah miterlebt, wie die deutschen Kirchen kontinuierlich Mitglieder verloren haben, und, schlimmer noch, Vertrauen und Wirksamkeit in der Öffentlichkeit.

Ich habe wie viele andere gedacht: lasst uns die Gemeinden moderner machen, lasst uns andere Musik spielen, neue Medien, mehr für die Jugendlichen tun, und wenn wir all das machen, dann geht es mit der Kirche wieder bergauf. Wir haben auch viel davon gemacht, und das war gut. Aber den Trend hat das nicht beeindruckt. Die Gemeindegliederzahlen schrumpften auch bei uns.

Und ich habe mich gefragt: reicht es schon, die Kirche ein bisschen moderner und freundlicher zu machen? Müssen wir nicht viel tiefer graben? Und zwar alle Fraktionen der Christenheit. Ich kenne in Deutschland keine Konfessionsfamilie, wo man sagt: Wir haben das Problem nicht.

Das heißt: da muss es ein sehr fundamentales Problem geben, tief unten im Maschinenraum. Das kostet uns ganz viel Kraft, es macht uns müde und lässt Christen an ihrem Auftrag zweifeln; manchmal sogar an ihrem Glauben.

Bei mir hat es dann »Klick« gemacht, als ich auf die Formulierung »Rewilding the Church« stieß, also »Kirche auswildern«. Gefährdete Tierarten werden ja manchmal wieder in ihren ursprünglichen Lebensraum ausgewildert. Ok, Christen sind keine Spezies, die nur im Zoo überlebt hat, aber leben wir eigentlich in unserem natürlichen Biotop?

Jesus hat seine Leute mit ganz leichtem Gepäck losgeschickt, noch nicht mal Wäsche zum Wechseln hatten sie dabei. Dadurch waren sie viel näher an der harten Wirklichkeit dran, und an den Menschen. Sie erlebten die Widersprüche der Gesellschaft hautnah und fanden Lösungen. Aber getroffen haben sie sich an Küchentischen oder unter einem Baum am Fluss.

Wir heute sitzen in einem institutionellen Gehäuse, das uns schützen soll, aber es schirmt uns auch ab von der ganzen Fülle der Realität. Das ist ein goldener Käfig aus Kirchengebäuden, Kirchenämtern, Kirchensteuern, vielen, vielen Gremiensitzungen, und in der Volkskirche auch die Aufsichtsbehörden und der Beamtenstatus.

Wir können uns Kirche ohne diesen Rahmen gar nicht mehr vorstellen. Und auch unsere Theologie hat sich an diesen goldenen Käfig gewöhnt und trägt seine Spuren. Und diese Theologie und die darin begründete Organisationskultur behindern auch noch die neuen Gemeindemodelle, die eigentlich super sind.

Deswegen beschreibe ich in meinem Buch theologische Muster, die im Hintergrund wirken und uns lähmen. Ich thematisiere den organisatorischen Rahmen, der so selbstverständlich scheint. Und ich lade dazu ein, sich von solchen Fesseln zu verabschieden.

Das kann einem Angst machen, weil sich das alles so vertraut anfühlt. Aber so finden wir zurück in unser eigentliches Biotop: in die volle, ungefilterte Realität. Da gehören wir hin. Und auch für praktische Schritte auf diesem Weg mache ich meinem Buch Vorschläge.

Cover "Zurück in die Freiheit"

Zurück in die Freiheit

Wie wir Kirche wieder auswildern
von Walter Faerber
208 Seiten
1. Auflage
24,00 €

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